Drei Herzen, acht Arme und neun Gehirne: Was Kraken so besonders macht (2024)

Welttag des Oktopus am 8. Oktober

Drei Herzen, acht Arme und neun Gehirne: Was Kraken so besonders macht

Drei Herzen, acht Arme und neun Gehirne: Was Kraken so besonders macht (1)

Der Oktopus kann blitzschnell seine Farbe verändern und sich an seine Umgebung anpassen. Auch im Schlaf wechselt er die Körperfarbe.

Quelle: picture alliance / dpa

Oktopuss* sind geheimnisvolle Tiere: Ihre Intelligenz begeistert Menschen schon lange. Sie können sich perfekt tarnen und sogar mit Menschen kommunzieren. Und das ist längst noch nicht alles.

Seit mehr als 100 Jahren begeistern sich Forschende für die Fähigkeiten von Kraken – und das aus gutem Grund. Oder eher aus guten Gründen, denn die Liste an außergewöhnlichen Eigenschaften der Kopffüßer ist lang. Dies zeigt ein genauerer Blick auf die Weichtiere zum Welttag des Oktopus – auch Krake genannt.

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Denn der lateinische Artname für die gewöhnliche Krake ist Octopus vulgaris, wie der Experte Daniel Abed-Navandi vom Haus des Meeres in Wien erläutert. Und der Name zeigt schon ein Charakteristikum dieser Tintenfische: Sie haben – daher der Wortteil „okto“ – acht Arme, im Gegensatz etwa zu den Kalmaren und Sepien, die über zehn Extremitäten verfügen.

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Kraken können sich geschickt verbergen

Wie populär Oktopuss* sind, zeigt der Erfolg der Netflix-Dokumentation „Mein Lehrer, der Krake“. Darin begegnet der Taucher Craig Foster bei einem Tauchgang in einem Algenwald vor der Küste von Südafrika einem Oktopus, mit dem er sich allmählich anfreundet. Zu Beginn ist das Weibchen ängstlich und versucht geschickt, sich vor dem Taucher zu verbergen.

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Doch nach einiger Zeit wird der Krake immer zutraulicher und sucht sogar Körperkontakt – in einer Szene drückt er seine Saugnäpfe an die Finger Fosters. So beobachtet der Taucher das Leben dieses Kraken bis zur Paarung und zum Tod aus nächster Nähe.

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Ozeane brechen Temperaturrekorde: Warum das gefährlich ist – für Tiere und Menschen

Der Pazifische und Atlantische Ozean sind aktuell ungewöhnlich warm. Grund dafür sind neben dem menschengemachten Klimawandel noch natürliche Klimaschwankungen. Fachleute sehen durch die Hitzewellen in den Weltmeeren das marine Ökosystem bedroht – und auch der Mensch wird wohl nicht ungestraft davonkommen.

Deutlich zeigt der Film, wie geschickt sich die Tiere verbergen – etwa wenn sich Fressfeinde wie Haie nähern. Diese Fähigkeit, sich zu tarnen und so quasi unsichtbar zu machen, gehört zu den beeindruckendsten Fähigkeiten von Oktopuss*n. „Verschiedene farbige Zellen der Haut erzeugen ein Farbmuster, das dem der wahrgenommenen Umgebung entspricht“, erläutert Abed-Navandi. Das geschehe ohne direkte Mitwirkung des Gehirns, sondern durch diese Pigmentzellen selbst. Hinzu kämen sogenannte Spiegelzellen, welche die Umgebungsfarbe reflektierten.

Zudem können Kraken dem Meeresbiologen zufolge zur Tarnung Warzen auf der Haut bilden, um die Textur ihrer Umgebung nachzubilden. „Für ein gut schmeckendes, weiches, nicht giftiges, aber sehr aktives Meerestier ist das alles lebensnotwendig“, betont Abed-Navandi. Doch nicht nur zur Tarnung dient die farbliche Anpassung, sondern mitunter auch als Kommunikationsmittel, um beispielsweise ein Revier zu markieren oder Paarungsbereitschaft zu signalisieren.

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Manche Kraken wechseln im Schlaf häufig ihre Farbe

Selbst im Schlaf wechseln manche Kraken häufig ihre Farbe, wie eine brasilianische Forschungsgruppe 2021 im Fachblatt „iScience“ berichtete. Demnach wird bei der Art Octopus insularis eine längere ruhige Schlafphase regelmäßig unterbrochen von einer sehr kurzen aktiven Phase, in der die Tiere ihre Hautfarbe plötzlich ändern, die Augen bewegen oder ihre Saugnäpfe zusammenziehen. Etwa jede Stunde wechseln sie für grob eine Minute aus der ruhigen in die aktive Schlafphase.

Diese aktive Phase ähnelt dem sogenannten REM-Schlaf des Menschen, in dem die meisten Träume auftreten. Und die dabei entstehenden Farbmuster auf der Haut gleichen jenen, die die Oktopuss* auch im Wachzustand zeigen, wie eine Studie japanischer Forscher vergangenen Juni im Fachjournal „Nature“ zeigte. Möglicherweise könnten die Tiere in dieser Schlafphase Geschehnisse aus dem Wachzustand noch einmal erleben und die damit verbundenen Hautreaktionen abrufen.

Aus der Vermutung, dass so verschiedenartige Organismen wie Oktopus und Mensch ähnliche Schlafmuster haben, ziehen die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Funktion des Schlafs: „Der Zwei-Phasen-Schlaf hat sich unabhängig voneinander bei zwei entfernt verwandten Lebewesen entwickelt“, erläuterte Co-Autor Leenoy Meshulam von der Universität Okinawa. „Oktopuss* haben große Hirnstrukturen, die sich jedoch völlig von denen von Wirbeltieren unterscheiden. Das legt nahe, dass ein aktiver Schlaf, der dem Wachzustand ähnelt, ein allgemeines Merkmal einer komplexen Wahrnehmung ist.“

Zentrales Merkmal von Oktopuss*n sind ihre acht mit Saugnäpfen bestückten Arme. Diese Tentakel sind multifunktional einsetzbar – die Tiere können sich damit nicht nur fortbewegen und koordiniert jagen, sondern auch Dinge ertasten, greifen und zum Beispiel Dosen aufschrauben.

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Oktopuss* haben 500 Millionen Neuronen

Darüber hinaus hätten die Arme auch eine Funktion, die der unserer Zunge und unserer Nase ähnele, erklärt Abed-Navandi. „Sie können damit sozusagen Objekte abschlecken, aber auch Gerüche wahrnehmen und somit nach Raubtieren oder Nahrung Ausschau halten.“ Jeder Arm habe einen eigenen Nervenknoten, also eine Art eigenes Gehirn, wodurch alle acht Tentakel selbstständig agieren könnten.

Auch der britische Wissenschaftsjournalist Ed Yong geht in seinem Buch „Die erstaunlichen Sinne der Tiere“ auf die Tentakel ein. Damit könnten die Tiere alle Teile ihres Körpers berühren und sogar in ihr Inneres greifen und die eigenen Kiemen streicheln.

Mit rund 500 Millionen Neuronen würden Oktopuss* über weit mehr Nervenzellen verfügen als andere wirbellose Tiere – ähnlich viele wie die ebenfalls für ihre Intelligenz bekannten Hunde. Allerdings sei nur etwa ein Drittel davon im Kopf verankert. Der Rest verteile sich auf die acht Arme mit jeweils etwa 300 Saugnäpfen.

Jeder dieser Saugnäpfe wird laut Yong von einer Art eigenem Minigehirn versorgt, einem Haufen von Nervenzellen, dem Saugnapfganglion. „Die einzelnen Saugnapfganglien sind mit dem Brachialganglion verbunden, einem weiteren Neuronenklumpen in der Mitte des Armes“, schreibt Yong. Diese Klumpen ziehen sich wie eine Art Lichterkette durch jeden der Tentakel, die einzelnen Saugnapfganglien könne man sich in diesem Szenario als die Glühbirnen vorstellen.

Die Evolution erwürgt mit dem wachsenden Gehirn sozusagen die Speiseröhre. Für einen kleinen Krebs brauchen sie schon mal ein bis zwei Stunden.

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„Sie leben sozusagen nach dem Motto ‚Live fast, die young‘“

Die Saugnapfganglien könnten zwar nicht miteinander kommunizieren, die Brachialganglien aber schon. „Sie koordinieren die einzelnen Saugnäpfe und sorgen dafür, dass der ganze Arm organisiert tätig werden kann. Außerdem vollziehen sie vieles allein ohne Mitwirkung des Zentralgehirns“, erklärt Yong. Er hebt hervor, dass Kraken sozusagen zwei verschiedene Umwelten haben: „Die Arme leben in einer Welt von Geschmack und Berührung. Im Kopf dominiert das Sehen.“

Laut Abed-Navandi wuchs ihr zentrales, im Kopf angesiedeltes Gehirn im Laufe der Evolution stetig – doch das bietet nicht nur Vorteile. Da die Speiseröhre der Kopffüßer durch das Gehirn verläuft, erhält sie dadurch immer weniger Platz.

„Die Evolution erwürgt mit dem wachsenden Gehirn sozusagen die Speiseröhre“, erklärt Abed-Navandi. Auch deshalb müssten Oktopuss* ihre Nahrung teils stundenlang zerkleinern. „Für einen kleinen Krebs brauchen sie schon mal ein bis zwei Stunden“, sagt der Biologe. Dies sei sehr lange, wenn man bedenke, dass sie durchschnittlich nur 1,3 bis 1,6 Jahre alt werden. „Sie leben sozusagen nach dem Motto ‚Live fast, die young‘“, scherzt er.

Die Tentakel dienen mittlerweile dem Menschen sogar als Vorbild bei der Herstellung bestimmter Handschuhe. Das berichteten Forschende um Sean Frey von der Iowa State University 2022 im Fachmagazin „Science Advances“. Sie entwickelten einen Handschuh, der Objekte unter Wasser sicher greifen und festhalten kann. An den Fingern sei er mit Saugnäpfen sowie kleinen Laserscannern ausgestattet, die Entfernungen messen. Damit ließen sich Objekte unterschiedlichster Form und Materialien im Wasser zuverlässig greifen – etwa flache, harte Gegenstände wie eine Plastikkarte, runde und weiche Objekte wie ein Softball oder ein mehrfach geschwungener Plastiklöffel.

RND/dpa

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